Aus dem Buch „Was ist Hildegard-Medizin? (Helmut Posch):
Das Habermus
Dinkel war jahrhundertelang das Volksnahrungsmittel des tüchtigen und humorvollen Schwabenvolkes. Zu den regelmäßigen Dinkelspeisen zählte das Habermus. Nicht verwechseln mit Hafer. Haber heißt soviel wie Lebensspender. Die in alten Mythen und Sagen umwobene Habergeiß war ein Lebensgeist. Der alemannische Dichter Hebel sagte:
„Chömmet, Chinder, esset Habermus, wachset und trüeihet“. (gedeihet)
Auch der bekannte Kräuterpfarrer Künzle sagte dazu:
Habermus, die Nahrung unserer Väter!
An Habermus gewöhnte Leute sind gesund wie Bulgaren, bei Humor wie der Geißbub, schlafen wie die Bären, aber sind nicht bärbeißig und stechig. Habermuskinder sind rotwangig, pausbäckig und schauen drein wie Gottes liebe Sonne im Heuet. Probier’s acht Tag, dann bist du’s gewöhnt und ziehst dein Habermus allen Kochgerichten vor.
Das Habermus der Alemannen bestand aus grobem Dinkelschrot, in Milch eingekocht. Das konnten die Bauern damals schon vertragen, denn die Arbeit am Hof war Muskelarbeit. Da mußte man die Kraft schon irgendwo hernehmen. Heute ist das anders geworden. Wir bewegen uns immer weniger, die körperliche Arbeit wird immer leichter. Deshalb werden wir uns mit der in Wasser zu bereiteten Dinkelschrotsuppe begnügen. Für Kinder und Jugendliche machen wir das Habermus wie ein Grießkoch, nur eben mit Dinkelschrot. Einen geriebenen Apfel, etwas Zimt und Honig dazu, dann schmeckt es fast so gut wie Pudding. Dieses Habermus sollte morgens unsere erste Nahrung sein. Nach so einem Frühstück fällt den Kindern das Lernen leicht, denn das regelmäßige Habermus macht ein frohes Gemüt und schärft die Sinne.
Dinkelkaffee
Geröstete Dinkelkörner ergeben einen guten Frühstückskaffee, wenn man die gemahlenen Körner mit kochendem Wasser in einer Filterkanne aufgießt.
Feinschmecker geben ein wenig echten Bohnenkaffee dazu, ist aber nicht notwendig.
Dinkelbrot
Solange wir das gute Dinkelbrot nicht bei jedem Bäcker bekommen, backen wir es selbst. Hier ein ganz einfaches Brotrezept:
Zutaten:
500 Gramm Dinkelmehl, 1 gehäufter Teelöffel Salz 1/2 Würfel Preßhefe, 1/4 l lauwarmes Wasser.
Man siebt das Mehl auf den Arbeitstisch, gießt das Wasser in eine Vertiefung im Mehl und bröckelt die Hefe dazu. Dann streut man das Salz auf das Mehl und vermengt alle Zutaten sorgfältig zu einem Teig, der etwa 10 Minuten lang geknetet wird. Danach gibt man den Teig in eine etwas befettete Backform und läßt ihn im Backrohr mit ca. 70 Grad 1 1/2 Stunden gehen. Nachdem der Teig schön aufgegangen ist, wird er in dem auf 230 Grad erhitzten Backrohr ca. eine Stunde gebacken.
Man kann das Brot auch mit Dinkelschrot backen und mit Fenchel und Bertram würzen. Nur: Leinsamen lassen wir weg.
Dinkel – Ausweg aus dem genetischen Erosionsprozeß
Auf dem Saatgutsektor ist zur Zeit soviel in Bewegung, was dem Landwirt und Gärtner verborgen bleibt, daß eine Betrachtung dazu berechtigt sein wird. Es wird nicht schaden, wenn unser Horizont über den Gartenzaun des Nachbarn hinausreicht.
In einer wissenschaftlichen Arbeit über den Handel mit genetischen Rohstoffen schrieb Dr. Margery Lee Oldfield, daß jene, die das genetische Material einer jeden Getreideart der Erde kontrollieren, fast unumschränkte wirtschaftliche und politische Macht besitzen.
Fast zu spät hat man diese Gefahr erkannt. Nichtsahnend spielten die Landwirte das Spiel der Großen mit. Zuerst entzog man den einheimischen Getreidebauern ihr vielfältiges Samenmaterial durch Billigimporte aus den USA und Kanada, wo es auf der ehemaligen Prärie Getreidefelder von der Größe Österreichs gibt. Man unterbot die Erzeugnisse einer Auslese von 5.000 Jahren Samenkultur. Nach einigen Jahren war das eigene Saatgut verfüttert und verzehrt. Danach schraubte man die Preise kräftig hinauf und hatte praktisch ein Monopol. Denn, das in farbenprächtigen Werbebroschüren angebotene Getreide war für den Wiederanbau ungeeignet. Das durch Inzucht gewonnene Saatgut (Hybriden) ist unfruchtbar. Darauf den Bauern hinzuweisen, hat man freilich vergessen. Vielmehr wurde ihm gesagt, wie er zu den Höchsterträgen kommt: Nur durch massiven Kunstdüngereinsatz. Um auch noch Spritzmittel verordnen zu können, werden absichtlich milbenanfällige Samen gezüchtet. Somit können sie dem Landwirt einen kombinierten Handel mit Samen, Kunstdünger und Chemikalien aufzwingen.
Auf diese Weise wurden Millionen Hektar Land, die einst mit genetisch einwandfreien Sorten bebaut wurden, zu genmanipulierten Monokulturen. Sie sind unter Einhaltung aller Vorschriften zwar ertragreicher, aber sehr anfällig. Ohne regelmäßige Zufuhr von neuem Samenmaterial würde innerhalb weniger Jahre ein rigoroser Ertragsverlust auftreten und sich verheerende Krankheiten mit zum Teil völligem Ernteausfall ausbreiten. So konnten z. B. in den siebziger Jahren amerikanische Erbsen- und Spinaterzeuger – die Saatbanken kontrollieren sämtliche Samenarten – gerade noch einem totalen Ernteausfall entgehen, weil aus Indien schleunigst genetisches Material eingeführt wurde.
Ein Blick in die Vergangenheit sollte uns warnen, immer weniger Sorten auf immer größeren Flächen anzubauen:
Am bekanntesten ist die Hungerkatastrophe, die um die Mitte des letzten Jahrhunderts Irland heimsuchte. Dort war die Kartoffel zur Hauptnahrungsquelle geworden. Binnen kurzer Zeit zerstörte eine unaufhaltsame Kartoffelseuche die Ernte, was zum Hungertod von über 2 Millionen Iren führte. Ebensoviele mußten deshalb die Heimat verlassen. Ursache dieser Katastrophe war die hochgradige Verwandtschaft aller angebauten Kartoffeln, die gegen diese Seuche nicht resistent waren.
Die Agrarkonzerne mit ihrer „grünen Revolution“ sind bestrebt, alles in den Griff zu bekommen. Der Bauer stellt nur noch die Arbeitskraft und landwirtschaftliche Fläche zur Verfügung und trägt auch noch das Risiko. Die wahren Saatgutherren sitzen in den Chefetagen multinationaler Konzerne. Es sind vor allem Energie-, Pharmazie- und Chemiekonzerne, die bestimmen, was gezüchtet wird .
Lassen wir die chemische Industrie selbst zu Wort kommen:
„Aus Kostengründen wird voraussichtlich auch die Pflanzenzüchtung auf Krankheits- und Schädlingsresistenz, eingeschränkt, und zwar zugunsten der Zuchtziele Qualität und Quantität. Statt dessen werden für die Bekämpfung der Schädlinge chemische Verfahren herangezogen und sozusagen in die Züchtung integriert werden“.
(Horst Metzger von der BASF in der Zeitschrift Chemie und Fortschritt)