Aderlass

Beim hildegardischen Aderlass handelt es sich um eine Blutentnahme in Zusammenhang gestellt mit dem Einfluss des Mondes auf den Menschen. Laut Hildegard von Bingen kann bis sechs Tage nach Vollmond ein Aderlass gemacht werden.

„Sind bei einem Menschen die Gefäße mit Blut gefüllt, so müssen sie von dem schädlichen Schleim und dem von der Verdauung gelieferten Saft mittels eines Einschnittes gereinigt werden.“

Damit man diese Aussagen mehr beherzigt, darf ich zum Vergleich auf den Ölwechsel beim Auto hinweisen, der bei jedem größerem Service von jedem Mechaniker gemacht werden muss. Herzinfarkt und Schlaganfall zählen zu den häufigsten Todesursachen in unserer Zeit. Oft ist ein Gefäßverschluss der Auslöser dieser plötzlichen Attacken. Aber so schnell ein Infarkt oder Schlaganfall auch eintritt, so langsam und schleichend gehen meist jahrelange Fehlversorgungen des Körpers voraus. Ob durch Stress, Ernährung oder Bewegungsmangel, alle diese Punkte können als Verursacher betrachtet werden.

Die Folgen sind bekannt: Gefäße verkalken und werden spröde. Es können sich Ablagerungen bilden die früher oder später mit dem Blutstrom mitgerissen werden und so durch die Venen transportiert werden. Meist dauert es dann nicht lange, bis sich so ein Pfropfen festsetzt und ein Gefäß verstopft. Dann kommt es zum gefürchteten Schlaganfall oder auch zu einem Infarkt. Diesen Tatsachen kann man nur dadurch entgegenwirken, dass wir unser Blut von solchen Schlackenstoffen reinigen, indem wir sie über einen Aderlass aus dem Körper ausführen. Eine jahrelange Vernachlässigung der Blutgefäße, durch Unwissenheit führt unweigerlich zu den bekannten Konsequenzen. Der Preis dafür ist ein verkürztes Leben oder ein Leben mit bleibenden Schäden.

In diesem Zusammenhang sei auch angemerkt, dass Hildegard von Bingen auch von wachsigem Blut spricht. Hier sind die Blutfettwerte gemeint, das heißt der Cholesterinwert. Laut Hildegard ist er nicht bei allen Menschen gleich. Sie spricht vor allem von Menschen die viel Blut besitzen. Das sind etwa 20% der Bevölkerung, hier kommt es zu einer erhöhten Aufnahme von Cholesterin im Darm. Unweigerlich steigt auch die Konzentration im Blut an Hildegard spricht hier von „wachsigem Blut, das unkräftig wird und den Menschen krank macht.“ Die Cholesterinwerte HDL und LDL sind immer wieder Streitpunkt von Experten. Die Meinungen gehen auseinander. Einen für alle Menschen gültigen Cholesterinwert wird es meiner Meinung nach daher auch nicht geben. Je nach Menschentyp wird auch das Verhältnis zwischen HDL und LDL etwas abweichen und dennoch ganz normal sein. Wichtig sind sicher die verschiedenen Grenzwerte, die aber durch Bewegung, Ernährung und vor allem dem Aderlass sicher eingehalten werden können. Diese Blutentnahme vermindert die Krankheitsstoffe und das schlechte Blut und aktiviert das Immunsystem. Durch den Aderlass werden die körpereigenen Blutreserven in den Blutkreislauf aufgenommen. Durch den kleinen Schock für den Körper kommt es zu einer Ausschüttung verschiedener Hormone und Abwehrkräfte. Das Blut wird also verjüngt. Es vor allem wichtig, dass diese Blutreinigung zum richtigen Zeitpunkt unter den richtigen Bedingungen gemacht wird. Hildegard von Bingen weist uns eine Grundregel:

„Bei zunehmendem Monde nimmt der Saft in den Bäumen und Pflanzen sowie das Blut im Menschen zu. Hingegen nimmt bei abnehmenden Mond der Saft bei den Pflanzen und Bäumen und das Blut bei Mensch und Tier ab.“

Deshalb wird der hildegardische Aderlass bis sechs Tage nach Vollmond gemacht, weil ein früherer oder späterer Aderlass nicht soviel Nutzen bringt, da eine Abscheidung der Schlackenstoffe hier nur schwer möglich ist. Beim richtigen Zeitpunkt hingegen ist die Abscheidung mit bloßem Auge erkennbar.

„Wird bei einem Menschen ein Gefäß angeschnitten, so erleidet das Blut, wie durch einen plötzlichen Schrecken, eine Erschütterung und was dann zuerst zutage kommt, ist Blut und fauliges und zersetztes Blut, das gleichzeitig abfließt. Daher kommt es, dass der Ausfluss verschieden gefärbt ist, weil er aus Fäulnis und Blut besteht. Sobald die Fäulnis mit dem Blut ausgeflossen ist, kommt reines Blut nach und dann muss man mit der Blutentziehung aufhören.“

Es gibt so viele schwere und unheilbare Krankheiten, von denen man nicht weiß wie und warum sie entstehen. Hildegard schreibt, dass beim Aderlass alle krankheitsbildenden Säfte ausfließen. Somit ist diese Art der Gesundheitspflege sicher eine der wichtigsten. Prophylaxe durch Aderlass. Idealerweise wird der Aderlass ab dem 30. Lebensjahr durchgeführt, da laut Hildegard in diesem Alter die Blutgefäße und das Blut vollständig entwickelt sind. Vom 30. bis zum 50. Lebensjahr wird der Aderlass zweimal jährlich durchgeführt, vorzugsweise in Frühjahr und Herbst (Rhythmus). (Gesunde: 100-150ml, Schwache: 70-100ml); Ab dem 50. Lebensjahr wird nur einmal im Jahr zur Ader gelassen und auch nur die halbe Menge entnommen. (Gesunde: 50-70 ml, Schwache: 40 ml); Männer sollten bis zum 80. Lebensjahr und Frauen laut Hildegard sogar bis zum 100. Lebensjahr zur Ader lassen, also bis zu ihrem Lebensende (nach dem Wechsel fehlt Frauen die natürliche Reinigung durch die Monatsblutung).

Wichtig ist, dass der Aderlass nüchtern gemacht wird, also noch vor dem Frühstück. Nach dem Aderlass empfiehlt Hildegard, 2 Tage lang nichts Gebratenes zu essen, dadurch wird der Körper entlastet und drei Tage lang die Augen vor zu grellem Licht zu schützen, erst dann ist die Durchblutung der Augen wieder vollständig gegeben.